GLS-Bank: Manager-Boni sind überflüssig

      GLS-Bank: Manager-Boni sind überflüssig

      Deutschlandradio Kultur:

      GLS-Bank: Manager-Boni sind überflüssig

      Andreas Neukirch im Gespräch mit Birgit Kolkmann

      Der Vorstand der GLS Bank, Andreas Neukirch, hält Boni für Banker prinzipiell für unnötig. Boni seien zusätzliche Anreize, etwas Besonderes zu erwirtschaften. Es sei allerdings ausgesprochen schwierig zu definieren, wofür es sie geben sollte.


      Birgit Kolkmann: Die Finanzkrise frisst immer noch ihre Kinder. Fast 100 Banken sind allein in diesem Jahr in den USA pleite gegangen, nur noch die ganz großen schaffen es auf Dauer, zum Teil - wie in Deutschland - auch nur mit erheblichen staatlichen Hilfen. Inzwischen hat sich der Finanzsektor wieder etwas erholt, Finanzexperten berichten, es werde schon wieder gezockt und auch riskant gewirtschaftet. Auf dem G20-Gipfel in Pittsburgh versuchen die Staats- und Regierungschefs, die Finanzmärkte an die Kandare zu legen, und es gibt positive oder optimistische Äußerungen, dass es Regelungen geben könnte - bei den Managergehältern, bei den Boni, bei den Prämien. Wir sind nun mit dem Vorstand der Ökobank GLS verbunden, guten Morgen, Andreas Neukirch!

      Andreas Neukirch: Ja, guten Morgen, Frau Kolkmann!

      Kolkmann: Was halten Sie von diesen optimistischen Äußerungen?

      Neukirch: Ja, Optimismus ist bestimmt angesagt, weil der Ernst der Lage alle motiviert hat, was Richtiges hervorzubringen, das ist gar keine Frage. Das unterstelle ich schon, dass hier alle bemüht sind, zu den richtigen Lösungen zu kommen. Was jetzt nun die Boni-Frage betrifft, muss man sehr genau unterscheiden zwischen der Gehaltsstruktur, der Gehaltshöhe von Bankern und den zusätzlichen Anreizen - das sind ja die Boni -, etwas Besonderes zu erwirtschaften. Und bei diesen zusätzlichen Anreizen ist es in der Tat ausgesprochen schwierig, überhaupt zu beschreiben: Was ist richtig, also, wofür sollte es zusätzliche Anreize geben? Man kann auch sich auf den Standpunkt stellen, dass zusätzliche Anreize gar nicht nötig sind, weil es viel zu schwierig ist, zu beschreiben: Wofür sind sie gerechtfertigt?

      Kolkmann: Und wie halten Sie es in der Ökobank GLS damit?

      Neukirch: Wir haben so was gar nicht und halten es auch nicht für nötig, weil es letztlich Vergütungen gibt, die für das normale Wirtschaften geeignet sind und letztlich auch die Erfolgsabhängigkeit von anderen Dingen abhängt, also, bin ich eigentlich im richtigen Beruf unterwegs und was tue ich?

      Kolkmann: Sind Sie denn für junge Bankmanager noch attraktiv?

      Neukirch: Ja, das glaube ich schon. Unser Zuspruch, wenn wir Führungsnachwuchs suchen, ist ausgesprochen hoch, also, wir haben an der Stelle nicht das Gefühl, dass jemand nicht zu uns kommen kann oder will, weil er nicht die richtige Vergütung kriegen kann.

      Kolkmann: Das heißt, nicht jeder, der im Banksektor Manager werden will, gehört zu denjenigen, die nur gierig den Casinokapitalismus pflegen wollen?

      Neukirch: Nein, es ist sogar eher, wenn man sich die Gesamtzahl der Mitarbeiter anguckt, eine sehr kleine Gruppe, die in diesen Regionen unterwegs ist. Das trifft ja längst nicht die große Mehrzahl von Führungskräften in Banken.

      Kolkmann: Nachhaltig und ökologisch orientiert wirtschaften Sie in Ihrer Bank. Wie ist denn Ihr Geschäft während und auch jetzt nach der Krise verlaufen?

      Neukirch: Wir haben schon sehr, sehr deutlich gemerkt, dass die Menschen sich nach Banken umsehen, also das heißt, nach anderen Banken umsehen, was bei uns eben dazu führt, dass wir im Laufe des letzten Jahres allein 30 Prozent größer geworden sind und sehr, sehr viele neue Kunden gewonnen haben, weit über 10.000, die offensichtlich unterwegs sind und sich neu orientieren und sagen, wenn ich denn jetzt merke, dass bei meiner Bank irgendwas schief läuft oder überhaupt im Bankensektor, das eine oder andere Modell einfach nicht tragfähig ist, dann will ich gewissenhafter hingucken: Welche Art von Bankgeschäft möchte ich? Das hat bei uns zu einer ganz, ganz dynamischen Entwicklung geführt.

      Kolkmann: Da braucht man natürlich auch die Wahlmöglichkeiten, also die Vielfalt. Nun sind sehr, sehr viele Banken kaputtgegangen in der Krise, vor allen Dingen, ich sagte es eben, in den USA. Die großen haben überlebt und die konzentrieren natürlich die Geschäfte auch sehr stark in ihren Händen. Ist das eine Gefahr?

      Neukirch: Ja, wir haben - auch im Übrigen längst vor Krise - immer die bankenaufsichtliche Kategorie systemrelevant oder systemkritischer Größen gehabt. Das ist gar nichts Neues. Die Frage ist nur: Was ist regulatorisch dafür getan worden, dass diese Systemrelevanz nicht noch größer wird und noch kritischer wird? Und an der Stelle sind ja bei G20 eben auch … bestimmte Anforderungen liegen auf dem Tisch, was die Eigenkapitalausstattung betrifft von Unternehmen, von Bankunternehmen. Und dort muss letztlich eine Eigenkapitalverstärkung gefordert werden oder realisiert werden, die genau dieses Problem kleiner macht, also das heißt, dass, wenn sich ein Unternehmen, ein Bankunternehmen in eine systemkritische Größe hinbewegt, dass das ein Grund dafür ist, Eigenkapitalanforderungen zu erhöhen. Dann führt das zu einer Art systemimmanenten Bremse und wir behalten eine heterogene Banklandschaft, wie wir sie in Deutschland recht gut kennen, also mit Sparkassen und Volksbanken.

      Kolkmann: Nun hat man sich ja offensichtlich bei den Manager-Boni schon ganz gut angenähert, aber das ist ja wahrscheinlich nicht das zentrale Problem der Finanzmärkte. Glauben Sie, dass der Gipfel in Pittsburgh, was die Eigenkapitalquote angeht, da den großen Banken wirklich etwas vorschreiben kann?

      Neukirch: Na ja, Sie sprechen da ein besonderes Problem an, dass wir es mittlerweile mit Bankgrößen zu tun haben, die nationale Möglichkeiten überschreiten. Das ist das eigentlich Kritische, dass eben eigentlich nicht ein einzelner Staat in eine große Bankpolitik eingreift, sondern schon die Staatengemeinschaft das mindestens tun muss. Und insofern ist alles das, was Pittsburgh wirklich einheitlich auf die Beine stellt, also wo die Staaten wirklich zusammen am gleichen Strang ziehen, das ist dann ein wirklicher Erfolg, damit ein Ausweichen nicht passieren kann. Das ist viel wichtiger als eine Einzelregelung.

      Kolkmann: Sehen Sie das also positiv, dass die G20, also die nun größer gewordene, ehemalige G8, da tätig werden kann, eine internationale Finanzaufsicht zu installieren und auch zu praktizieren in Zukunft?

      Neukirch: Ja. Alles, was die regulatorischen Unterschiede zwischen verschiedenen Staaten eher noch befördert hat - also sprich, was Einzelne beweisen wollten, insbesondere der Londoner Bankenplatz aber auch Wall-Street, dass sie irgendwie mit anderen Dingen da gut durchkommen -, alles, was dem entgegenwirkt, also Einheitlichkeit von systemrelevanten Grenzen und so weiter, ist positiv, geht in die richtige Richtung.

      Kolkmann: Das war Andreas Neukirch, Vorstand der Ökobank GLS, im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur, und ich danke Ihnen dafür!

      Neukirch: Danke auch, Frau Kolkmann!

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